19. Juli 2021

Existenzgründung als Heilmittelerbringer:in: Dein Ratgeber zur Praxisgründung

Du bist Physiotherapeut:in, Ergotherapeut:in, Logopäd:in oder Podolog:in und spielst mit dem Gedanken, eine eigene Praxis zu gründen? Dann gibt es einige Dinge, die du dabei beachten solltest. Wir von Praxis-Profi haben uns einmal angeschaut, was genau du als Heimittelerbringer:in mitbringen musst, um bei deiner Praxisgründung erfolgreich zu sein. Zudem werfen wir einen genauen Blick auf die Finanzierung und die Personalplanung.  

Gastbeitrag von Lena Janßen

Die ersten Schritte zur eigenen Praxis

Es gibt einige Schritte, die du bei der Gründung einer eigenen Praxis berücksichtigen solltest. Zu Beginn stellen wir dir ein paar allgemeine Informationen zur Verfügung und gehen dann genauer auf die wichtigsten Schritte ein.

Als Heilmittelerbringer:in ist es für dich nicht erforderlich einer Berufskammer beizutreten, um deinen Beruf ausüben zu können. Dennoch gibt es Regeln, die du als Heilmittelerbringende:r befolgen musst. Für jeden Heilmittelbereich besteht ein eigens verfasstes Gesetz, das zum Beispiel über die Erlaubnis zur Ausübung deines Berufs entscheidet. Du solltest dich also im Voraus über das Gesetz deines Fachbereiches informieren.

Zudem benötigst du vor der Existenzgründung eine Zulassung durch die Landesverbände der Krankenkassen. Damit deine eigene Praxis zugelassen werden kann, benötigst du eine Reihe von Unterlagen:  

  • Anmeldung deiner Praxis beim Gesundheitsamt
  • Ein Gesundheitszeugnis von deinem:r Hausarzt:ärztin 
  • Anmeldung deiner Praxis bei der Berufsgenossenschaft 
  • Ein polizeiliches Führungszeugnis 
  • Skizzen deiner Praxis-Räumlichkeiten 
  • Eine Berufshaftpflichtversicherung 
  • Eine beglaubigte Kopie deines Berufszertifikates 
  • Den Mietvertrag deiner Praxis-Räumlichkeiten 
  • Patientendokumentationen
  • Anerkenntniserklärungen (werden bei der Abnahme deiner Praxis durch eine:n Praxisprüfer:in an dich übergeben)
  • einen Gesellschaftsvertrag (wenn dein Unternehmen kein Einzelunternehmen ist)

Als Heilmittelerbringer:in gehörst du zu den Freiberuflern. Das bedeutet, du bist nicht gewerbesteuerpflichtig, es sei denn, du gründest eine GmbH oder eine Unternehmergesellschaft (UG). Daher meldest du deine Tätigkeit nicht dem Gewerbeamt, sondern wendest dich an das Finanzamt. Dort bekommst du eine Steuernummer zugeteilt.

Sollte sich der Umfang und die Art deiner Tätigkeit im Laufe der Zeit verändern, lohnt es sich, einen erneuten Blick auf deinen Status des:der Freiberufler:in zu werfen. Es kann vorkommen, dass Veränderungen deiner Tätigkeiten zu einer Gewerblichkeit führen:

1. Du eröffnest eine weitere Praxis und/oder beschäftigst mehr als drei Mitarbeitende

2. Du verkaufst Therapiematerial an Patient:innen

3. Du stellst fachfremde Freiberufler:innen ein

4. An deiner Praxis sind Gewerbetreibende als Gesellschafter:innen beteiligt

Vorteile einer Praxisgründung

Als Geschäftsführer:in deiner Praxis bist du für alles verantwortlich: deine Mitarbeitenden, die finanzielle Situation und für alle Risiken, die eine Existenzgründung mit sich bringen kann. Im Umkehrschluss bedeutet das auch, dass du das Recht auf die Gewinne hast, die deine Praxis erzielt und somit frei über diese verfügen kannst, anders als in einem Angestelltenverhältnis. Du profitierst also durch eine Gehaltssteigerung.  

Des Weiteren hast du die Möglichkeit zu entscheiden, welche Therapieformen du in deiner Praxis anbieten und wie du den Praxisalltag gestalten möchtest. Möchtest du deine Behandlungen nur einer bestimmten Personengruppe anbieten (zum Beispiel Kindern, Senioren, etc.)? Was ist das Alleinstellungsmerkmal deiner Praxis und wie möchtest du diese vermarkten? Du allein bestimmst darüber, wie du deine Praxis gestalten möchtest.  

Ein nächster Vorteil ist die Einteilung deiner Arbeitszeiten. Als Selbstständige:r hast du die Option frei über deine Zeit zu verfügen, Termine mit Patient:innen passend zu legen und somit eine gute Work-Life-Balance für dich zu schaffen.  

Vor- und Nachteile von Selbstständigkeit

Vor- und Nachteile von Selbstständigkeit

Die optimalen Praxisräume

Die Behandlungsräume deiner Praxis müssen bestimmte Voraussetzungen erfüllen, damit diese von den Landesverbänden der Krankenkassen zugelassen wird. Folgende räumliche Anforderungen muss deine Praxis in jedem Fall erfüllen können: eine bestimmte Gesamtfläche, eine konkrete Raumgröße, unterschiedliche Funktionen der Räume (zum Beispiel: Rezeption, Behandlungsraum, Wartezimmer) und einen barrierefreien Zugang.

Wie die Anforderungen für die einzelnen Heilmittelbereiche im Detail aussehen und welche Vorgaben für die Ausstattung der Räumlichkeiten es genau gibt, wurde von den Landesverbänden der Krankenkassen möglichst offen formuliert. Für dich bedeutet das eine weitestgehend freie Gestaltungsmöglichkeit der Räumlichkeiten. Welche Pflichtausstattung deine Praxis benötigt, erfährst du bei den Berufsverbänden, in Fachbüchern oder direkt bei den Landesverbänden der Krankenkassen. Genaueres zu den Anforderungen der Räumlichkeiten für deinen Heilmittelbereich findest du unter anderem auch gesammelt in der Broschüre des GKV-Spitzenverbandes

Finanzierung

Ein weiterer und sehr wichtiger Punkt zu Beginn deiner Praxisgründung ist ein umfassender Überblick über deine finanzielle Situation. Bei der Kostenaufstellung deiner Praxis solltest du keine Zeit und Mühe scheuen, denn deine finanzielle Lage kann schnell deine Existenz gefährden. Aufgrund dessen solltest du dir vor der Existenzgründung folgende Fragen stellen: 

1. Wie gehe ich damit um, wenn die Nachfrage geringer ist, als ich erwartet habe? 

2. Wie handhabe ich Behandlungsausfälle und das damit einhergehende Kostenrisiko? 

3. Welche Lösungen habe ich für krankheitsbedingte Ausfälle? 

Es empfiehlt sich ebenfalls einen Haushaltsplan aufzustellen. Dieser sollte die Kosten für die Gründung und die laufenden Kosten des Praxisbetriebes beinhalten. 

Das solltest du beachten:

  • Miete
  • Personalkosten
  • Verwaltungskosten
  • Anschaffung von Praxisausstattung/Material 
  • Notargebühr und gegebenenfalls Beratungsgebühren 
  • Marketing/Werbung  
  • Rücklagen für Notfälle   
  • evtl. Fahrzeugkosten   
  • evtl. Zinskosten 

In deinem Haushaltsplan kannst du zusätzlich festhalten, mit welchen Einnahmen du ungefähr rechnen kannst. Da ein Blick in die Zukunft nicht möglich ist, hast du hier die Möglichkeit, dich von Expert:innen beraten zu lassen.  

Je nach deinem Vermögensstand ergibt es Sinn, finanzielle Unterstützung in Anspruch zu nehmen. Von der IFK wird ein Eigenkapital in Höhe von 15 bis 20 Prozent empfohlen, um die Existenzgründung risikoärmer zu gestalten. Eine Finanzierungsmöglichkeit für deine erste eigene Praxis ist unter anderem das EU-Förderprogramm der KfW. Außerdem kannst du dich darüber informieren, ob dir ein Gründungszuschuss zusteht. Weitere Informationen dazu findest du unter anderem beim DBL e.V 

Die Personalplanung 

Wenn du deine eigene Praxis gründen möchtest, solltest du dich fragen, ob du alle Aufgaben im Praxisalltag alleine erledigen oder du dir Hilfe in Form von Angestellten holen möchtest. Gerade zu Beginn einer Gründung und als Selbstständige:r kann es eine Herausforderung sein, alle Bereiche unter einen Hut zu bekommen. 

Wenn du Mitarbeitende einstellen möchtest, überlege dir im Voraus, welche Aufgaben du selbst erledigen und welche Aufgaben du abgeben möchtest. Daraufhin kannst du gezielt nach Personen suchen, die für diese Aufgabenfelder geeignet sind. Bedenke dabei, dass du Zeit für die Sichtung von Bewerbungsunterlagen und für die Bewerbungsgespräche einplanen musst.  

Du hast neben der festen Anstellung von Mitarbeitenden auch die Möglichkeit, mit Freiberufler:innen zu arbeiten. Das kann den Vorteil haben, dass bei Ausfällen ein:e freiberufliche:r Therapeut:in einspringen kann. Gerade im Fall von Ausfällen solltest du dir bei der Personalplanung die anschließenden Fragen stellen:  

1. Was passiert, wenn Mitarbeitende krank werden? 

2. Wer kann bei Ausfällen einspringen? 

3. Was passiert, wenn ich für eine längere Zeitspanne ausfalle? 

Ein weiterer Tipp bei der Personalplanung während deiner Existenzgründung: Vernetze dich mit den Schulen in deiner Umgebung, die in Heilmittelbereichen ausbilden.  

Technische Infrastruktur

Als Heilmittelerbringer:in bist du dazu verpflichtet deine Leistungen über ein Datenträgeraustauschverfahren mit den Kostenträger:innen abzurechnen. Außerdem ist es hilfreich, wenn du Patient:innenakten und -daten digital einsehen kannst. Hierfür brauchst du entsprechende Software, über die du dich im Voraus informieren solltest. 

Damit deine Patient:innen dich im Netz auch finden, ist eine übersichtliche, gut strukturierte Homepage wichtig, da sie den potentiellen Patient:innen einen Überblick über die Leistungen, das Team und weitere Aspekte deiner Praxis gibt. 

Über die Autorin

Lena Janßen ist freie Journalistin und hat bereits für SPIEGEL und andere etablierte Medien geschrieben. In ihren Artikeln widmet sie sich vorwiegend gesellschaftlichen Themen und der Aufklärung zum Thema mentale Gesundheit.


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