25. Juni 2021

Frag den Profi – Interview mit Claudia Fröhlich zum Thema Weiterbildungen

Ein neues Interview unserer Reihe wartet auf dich:

#FragdenProfi !

In der zweiten Episode sprechen Joyce Regnier und Claudia Fröhlich - Physiotherapeutin und operative Leiterin bei THERAPIEexperte - über Weiterbildungen für Heilmittelerbringer.

Welche Angebote gibt es überhaupt? Wie kann ich mich auch während der Pandemie weiterbilden? Und wie läuft das ganze überhaupt ab?

Schau dir hier das ganze Interview an!

Einblick in die Plattform THERAPIEexperte.de + die Relevanz von Weiterbildungen für Heilmittelerbringer

Joyce:  

Hallo Zusammen, hier sind wir mit einem neuem Interview unseres Formats “Frag den Profi”.

Ein Thema, welches in der Branche der Heilmittelerbringer immer eine große Rolle spielt, ist natürlich das Thema “Weiterbildungen”. Aber welche Angebote sind überhaupt für mich das Richtige und wo kann ich diese überhaupt finden - vor allem jetzt gerade in Corona-Zeiten? Das sind bestimmt Fragen, die du dir schon mal gestellt hast und deswegen wollten wir euch heute THERAPIEexperte vorstellen und sprechen mit Claudia, die selbst Therapeutin ist, die operative Leitung innehat und uns somit natürlich zum Thema Weiterbildungen sehr viel erzählen kann. Deswegen würde ich sagen: Hallo Claudia! Und stell dich und THERAPIEexperte doch gerne einmal vor. 

Claudia: 

Hallo Joyce! Vielen Dank, dass ich in diesem Format dabei sein darfIch bin Claudia Fröhlich, operative Leitung bei THERAPIEexperte, bin selbst Physiotherapeutin und hab den Bachelor-Abschluss vor zweieinhalb Jahren gemachtTHERAPIEexperte ist unsere Weiterbildungsplattform von Therapeuten für TherapeutenWir haben den Anspruch dahinter, euch so viel Praxiswissen wie möglich von anderen Therapeuten mitzugeben und auch die Thematiken, die euch beschäftigen, in der Praxis weiterzureichen über Fortbildungen, die direkt euch betreffen.

Joyce:  

Super cool! Die Frage ist natürlich: Wie ist THERAPIEexperte überhaupt genau zu Stande gekommen? Woran konntet ihr feststellen, dass Weiterbildungen überhaupt so ein Riesenthema sind und so ein Bedarf da ist, vor allem in der Heilmittelbranche?

Claudia: 

Theraphysia ist der Therapiekonzern hinter uns. Wir sind 40-45 Therapeuten und haben schon seit vielen Jahren den Anspruch selbst intern Fortbildungen für unsere Kollegen möglich zu machen mit externen Dozenten, die dann zu uns kommen. Unsere therapeutische Leitung ist da immer sehr hinterher, uns auch die möglichen Fachleute zur Verfügung zu stellen. Jetzt hatten wir 2020 die Herausforderung aufgrund der Corona-Pandemie, dass da eine Entscheidung ausstand. Unsere therapeutische Leitung und unsere Geschäftsführer saßen zusammen und haben überlegt: Können wir das gewährleisten jetzt noch Fortbildungen zu geben? Weil wir mit den Kontaktbeschränkungen wirklich auch Herausforderungen in der Praxis zu bewältigen hatten und wir auch noch nicht wussten, wie sich die Ausfälle in der Praxis gestalten. Das heißt: Ob es auch eine finanzielle Hürde sein könnte, jetzt Fortbildungen zu geben? Unsere therapeutische Leitung ist da wirklich sehr ambitioniert und meinte: Okay, ich möchte diese Fortbildungen trotzdem möglich machen, wir machen die jetzt einfach online! 

Wir hatten schon Erfahrung aus den Teletherapien, die wir vorher gegeben hatten, dass online auch vieles funktioniert hat – auch unsere Teamsitzungen haben wir schon auf online umgestellt. Also haben wir gesagt: Wir machen das jetztWir haben auch unsere externen Partner überzeugt, das mit uns zu machen und dachten, wenn es schon online ist, dann können wir diese ja auch auf Facebook teilen und gucken mal, ob andere Therapeuten das auch interessant finden. Dann hatten wir ein, zwei Seminare online gestellt und wurden plötzlich überrannt von externen Therapeuten, sodass wir teilweise bis zu 120 Leute in einer Fortbildung sitzen hatten und erstmal gemerkt haben, wie viel Druck dahinter ist, sich zu Spezialthemen – da ging es in erster Reihe um das Thema Laryngektomie und Trachealkanülen – auch online in dieser schwierigen Zeit fortzubilden. Und da haben wir dann gemerkt, dass wir das Ganze ein bisschen professioneller aufziehen müssen, weil wir dann plötzlich Teilnahmebestätigungen ausgestellt haben und das dann zu automatisieren sind Prozesse, die dann natürlich auch erst mal stattfinden müssen. 

Seit 2020 sind wir dann gewachsen mit immer mehr kleinen Fortbildungen, haben immer mehr Dozenten für uns gewinnen können, die dann in den Bereichen Ergotherapie, Physiotherapie und Logopädie Fortbildungen geben. Wir sind interdisziplinär aufgestellt und haben da auch den Anspruch interdisziplinäre Fortbildungen zu geben. Die erste größere, die wir dann gemacht haben, war dann zum Thema “Orale Restriktion”. Hier haben auch eine Zahnärztin mit der Logopädin, mit einem Osteopathen und einer Physiotherapeutin zusammengearbeitet, um genau die Themen einmal zu beleuchten. Jetzt inzwischen wachsen wir immer weiter und können immer mehr Themen abbilden, immer mehr Spezialisten mit hinzuziehen, sodass jetzt auch unser eigener Fachtherapeut seit diesem Frühjahr in dem Bereich für Säuglinge und Kleinkinder agiert. 

Aufgrund der Notsituation ist unser Projekt immer mehr gewachsen, sodass wir jetzt tatsächlich auch die Möglichkeit haben, größere Fortbildungen für euch anzubieten! 

Die Rolle von Weiterbildungen in der Heilmittelbranche

Joyce:  

Da sieht man mal, dass Corona natürlich im Großteil was Negatives ist, aber was sich daraus eigentlich ergeben kann und was für Potenziale sich daraus schöpfen lassen

Wie schätzt du denn allgemein das Level in der Branche in Bezug auf Weiterbildungen ein? Ist da allgemein eine hohe Bereitschaft zu? Du hattest ja auch gesagt, da kam sehr viel zurück. Wir kriegen aber auch oft mit, dass manche vielleicht gerne wollen, aber sich dann die Frage stellt, wo genau die Hindernisse liegen? Gibt es überhaupt im Allgemeinen genug Angebote in dem Bereich? 

Claudia: 

Wir haben zum einen die politische Vorgabe für die fachliche Leitung. Die müssen eine bestimmte Fortbildungs-Punkteanzahl nachweisen und auch bestimmte Fortbildungen belegen. Dann gibt es in der Physiotherapie z.B. die Zertifikatsoption, die belegt werden muss, um bestimmte Abrechnungskomponenten zu erreichen. Alleine deswegen gibt es organisch schon mal viel Weiterbildungswillen, um die Punkte und zum anderen die Zertifikate zu erreichen. Darüber hinaus sind aber auch viele Therapeuten einfach auch Therapeuten, weil sie das mit Herzblut machen und sich auch zu bestimmten Themen weiterbilden wollen. 

Wir haben auch die Erfahrung gemacht, dass viele Therapeuten an sehr vielen Themen interessiert sind – es aber Hürden in der Auswahl von Fortbildungen gibt. Zum Beispiel: Wenn ich jetzt zu einem Experten möchte, um mir eine Fortbildung anzuschauen – wenn ich jetzt in Berlin bin, ist die Fortbildung vielleicht in Hamburg. Das heißt, dass ich planen muss: Ich muss mir die Wegezeit einplanen, ich muss mir vielleicht Zeit übers Wochenende planen. Ich habe eine bestimmte Anzahl von Fortbildungstagen. Viele Therapeuten machen Fortbildungen entweder im Urlaub oder unbezahlt. Und da sind die Hürden tatsächlich die Wegezeit, die Zeit, die man auch in seiner Freizeit einbüßt und natürlich auch das Angebot, dass nicht alles immer auch an dem gleichen Wohnort stattfinden kann. Da haben wir natürlich über die Online-Fortbildungen absolut den Mehrwert gesehen, alle in ganz Deutschland zu vernetzen. Inzwischen haben wir auch viele Kunden aus Österreich. Wir sagen, wir können den Weg zu den Spezialisten, die mit dem Thema auch tatsächlich vertraut sind, viel kürzer halten, indem du dich halt einfach einklickst und du Zugang zum Experten hast. Obwohl du nicht hingefahren bist, kein Hotelzimmer gebucht hast, aber du kriegst trotzdem das Wissen zu dir nach Hause.

Es gibt in vielen Bereichen auch gute Angebote in der Praxis. Ich glaube auch, dass es viele Fortbildungsangebote mit Zertifikatsoption gibt. Jetzt haben wir vor allem im Bereich Säugling und Kleinkinder gemerkt, dass es da für viele Bereiche – zum Beispiel in der Ergotherapie noch nicht genügend Fortbildungsmöglichkeiten gibt, die wirklich mit der Basis beginnen. Das sind Therapiekonzepte, die auch sehr sinnvoll sind zu belegen. Aber da muss man auch noch andere Angebote oft vorschalten: Ich weiß ja noch gar nicht, ob ich eine sensorische Integrationsfortbildung für zwei Jahre machen möchte, wenn ich noch gar nicht weiß, worum es in diesem Konzept geht. Da hat man dann vielleicht irgendwann Bezug in der Praxis, aber gerade Berufseinsteigern fällt es oft schwer zu sagen: Dann mache ich jetzt in meinem Fall manuelle Therapie. Oder mache ich Kinder Bopath? Was mache ich denn jetzt überhaupt für eine Fortbildung? Und da einfach einzusteigen und früher noch ein Vorwissen für manche Therapiekonzepte zu generieren, ist glaube ich der gute Punkt, um einfach online einzusteigen. 

Die Vorgaben innerhalb der Branche bezogen auf Weiterbildungen

Joyce:  

Daran vielleicht anknüpfend nochmal eine Frage, auch wenn du es gerade schon angeschnitten hast: Gibt es einen Richtwert an empfohlenen durchzuführenden Weiterbildungen für Heilmittelerbringer in den einzelnen Branchen, die ihr jetzt auch aufgreift, pro Person? Und könnt ihr das auch in der Umsetzung beobachten? Also wird das auch quasi, so wie es eigentlich vorgesehen ist, durchgeführt oder was kannst du dazu sagen?

Claudia:  

Es gibt eben die Regelung mit den fachlichen Leitungen: In jeder Praxis muss es eine fachliche Leitung in den bestimmten Fachbereichen geben. Und da müssen 40-60 Punkte über eine gewisse Jahresanzahl erreicht werden, genauso wie die Zertifikatsoption. Wir vergeben aktuell weder Punkte noch haben wir Zertifikatsoptionen, die abrechnungsfähig sind. Mit den Punkten hat das die Bewandtnis, dass aktuell nur in der Logopädie die Entscheidung steht, dass auch online Punkte für Fortbildungen vergeben werden dürfen. Auch nicht in dem Maße wie in Präsenz: In Präsenz darf pro 45 Minuten ein Punkt vergeben, online für 90 Minuten ein Punkt. Und in der Ergotherapie und Physiotherapie ist tatsächlich noch keine Regelung getroffen worden, ob wir Fortbildungspunkte online vergeben dürfen. Und bevor wir sie unter Vorbehalt vergeben und das Nachteile für unsere Teilnehmer ergibt, haben wir uns vorerst dagegen entschieden, bis es eine politische Entscheidung gibt. Das wird wahrscheinlich noch ein bisschen dauern

Wir prüfen jetzt für die Logopädie diese Fortbildungspunkte und dann wird sich wahrscheinlich auch herauskristallisieren, ob die Teilnehmer die Möglichkeit online Fortbildungspunkte zu sammeln, nutzen. In der Logopädie ist das jetzt auch so geregelt, dass von der Anzahl von diesen 40-60 Punkten für die Jahresanzahl nur die Hälfte der Punkte online absolviert werden darf, damit auch sichergestellt wird, dass der Praxisbezug nicht zu kurz kommt. Ich finde das ist eine sehr sinnvolle Regelung, weil man auch praktisch mit Patienten, Kommilitonen bzw. anderen Schülern lernt. Ich denke, dass man da eine Zweiteilung hat, weil sich das super ergänzen kann und dass es diese Hybridmodelle immer mehr geben wird, in denen man die Theorie online absolviert und praktisch in Präsenz. Obwohl man auch viele praktische Anteile online abbilden kannIch glaube, es wird da immer mehr diese Verschmelzungen geben und ich bin gespannt, wo das hinführt und ob jetzt auch die Ergo- und die Physiotherapie tatsächlich diese Fortbildungspunkte freigebenweil das sind die Punkte, an denen sich viele Therapeuten orientieren werden, die jetzt eine fachliche Leitung innehaben. Aber auch für alle anderen, die vielleicht den Weg gehen möchten, braucht man diese trotzdem – es gibt eine Fortbildungspflicht, die aber jetzt nicht in so einer Art bepunktet oder überprüft wird. Da ist viel aus eigenem Antrieb und Herzblut heraus, was Therapeuten machen, um einfach auf dem aktuellen Stand zu bleiben und da ist die Bereitschaft sehr groß, sich weiter fortzubilden und immer zu wissen: Wie kann ich meinen Patienten noch mehr helfen in der Therapie? Was kann ich vielleicht anders machen? Wie kann ich da eventuell auch einsteigen? Und da ist die Hürde online einzusteigen geringer, als wenn ich jetzt wirklich in Präsenz nochmal einen weiten Weg auf mich nehme.  

Weiterbildungen für Heilmittelerbringer

Auch Netzwerkarbeit ist für Heilmittelerbringer wichtig.

Welche Vorteile haben Weiterbildungen + wie läuft das ganze ab? 

Joyce:  

Also eigentlich hast du ja gerade schon sehr viele Vorteile bezüglich Online-Weiterbildungen für Heilmittelerbringer genannt, vor allem eben auch die Zugänglichkeit. Siehst du noch weitere Vorteile, über die wir vielleicht gerade noch nicht gesprochen haben? Und für mich ergibt sich auch die Frage: Wie läuft das ganze überhaupt ab? Worauf müsste ich mich als Heilmittelerbringer jetzt einstellen, wenn ich das bei euch machen möchte?

Claudia: 

Vorteile sind natürlich der Zugang, dass du einfach die Möglichkeit hast, bequem von zu Hause aus, dir deine Fortbildung zu buchen und auch die Thematiken einfacher für dich zugänglich sind und du mehr Masse an Fortbildungen belegen kannst, um dich zu spezialisieren in einem bestimmten Bereich. Und dass du halt nicht diese Wegezeiten hast, du nicht noch zusätzlich den Kostenfaktor hast und nicht noch mehr deiner Freizeit investierst - auch wenn die Fortbildung bei uns in der Regel an einem Abend stattfindet - um noch mehr Fortbildungen zu belegen. Das ist halt leider noch der Systemfehler dabei, dass diese Fortbildungen bei uns nur durch einen bestimmten Rahmen durch Arbeitgeber abgedeckt werden, weil diese eben auch wirtschaftlich arbeiten müssen. 

Auf der anderen Seite ist es tatsächlich so, dass du einfach dieses Expertenwissen online anders vorbereitet bekommst. Du hast auch nochmal viel mehr Eigenständigkeit und Selbstständigkeit, die du mit in die Fortbildungen reinbringen musst, weil du das Wissen ja auch nochmal aufarbeiten musst. Du hast zwar viel Input und viele arbeiten auch mit Selbsterfahrungen oder direkt online in dem Modul selbst. Aber du hast halt auch nochmal eine Eigenverantwortung, dich mit dem Thema auseinander zu setzen und ich glaube, dass du da auch nochmal einen großen Vorteil für dich hast, später da nochmal einzusteigen. Worauf die meisten sich gefasst machen müssen, ist tatsächlich auch das. In der Regel ist der Zugang aber sehr, sehr einfach. Es ist sehr intuitiv auch mit den Videokonferenz-Plattformen, mit denen wir arbeiten. Wenn man sich bei uns anmeldet für eine Fortbildung, sucht man sich eine aus, die bei uns auf der Website zur Verfügung steht, kauft sich die in dem Fall und dann kriegt man von uns jeweils die Bestätigungs-E-Mail und erhält meist eine Stunde vorher den Zugangslink. Vorher kriegt man noch ein Handout zugeschickt bzw. auch Material, was die Dozenten zur Verfügung stellen. Ich kann mir das also auch ausdrucken, wenn ich das möchte oder ich muss z.B. noch eine Puppe bereithalten für Pädiatrie-Themen oder andere Materialien, dass ich dann auch eine Selbsterfahrung machen kann - sarbeiten manche Dozenten.  

Dann belege ich das Seminar für mich und habe dann die Möglichkeit auch Fragen zu stellen. Ich habe auch die Interaktion mit dem Dozenten, dass ich sagen kann: Okay, ich habe noch eine Frage dazu. Kann die mir noch beantwortet werden?” Und später im Nachgang kriegt man dann von uns die Teilnahmebestätigung und hat auch immer die Möglichkeit uns ein Feedback zu geben: Was fehlt euch noch? Was können wir noch anders machen? Dass wir auch wissen, dass wir das Konzept immer weiterentwickeln. Jetzt haben wir auch ganz andere Formate wie am Anfang von THERAPIEexperte. Am Anfang hatten wir sehr frontale Formate: Da ging es um die Wissensweitergabe. Jetzt arbeiten wir auch viel mit Workshops, dass eben auch die Teilnehmer die Fragen direkt stellen können in kleineren Gruppen. Wir arbeiten auch mit Fallbesprechungen, mit einem Mentorship, dass man sagt: Ihr habt die Möglichkeit eine Fallbesprechung über einen längeren Zeitraum mit einem Dozenten zu machen. Dass wir den Zugang zu den Spezialisten, die diesen Weg, den ich gerade gehe, schon gegangen sind, auch einfach noch mehr erleichtern, Fragen zu stellen. Die Dozenten sind so mit Herzblut dabei. Die würden am liebsten alle gleich in ihre Email-Liste aufnehmen und denen die Fragen selbst beantworten. Aber das zu bündeln, um da auch einen Zugang zu erleichtern, ist super sinnvoll, auch Fallbesprechungen und Workshops anzubieten. Immer neue Impulse aufzunehmen und neue Formate auszuprobieren, wie wir E-Learning auch für uns und für Weiterbildungen verwenden können und das ist das nächste Level, dass man da schaut: Wie kann ich das sinnvoll mit welchen Themen verbinden? Das ist auch eine sehr wichtige Erkenntnis, die wir daraus ziehen sollten.

Die Finanzierung der Weiterbildungen 

Joyce:  

Sehr spannend auf jeden Fall. Also dieser ganze Eindruck, wie das überhaupt abläuft und auch für euch natürlich die Vorteile - aber eben auch für die Teilnehmer. Bezogen auf die Teilnehmer ist natürlich dann auch die Frage: Wer kommt denn normalerweise überhaupt auf euch zu? Eher die einzelnen Therapeuten oder vielleicht auch der Arbeitgeber selbst? Und daraus ergibt sich für mich natürlich auch die Kosten-Frage: Zahlen die Therapeuten diese meistens selbst oder gibt es wirklich die Fälle, dass auch Arbeitgeber die Kurse teils übernehmen oder vielleicht auch subventionieren?

Claudia:  

Das ist tatsächlich absolut gemischt. Da haben wir gar kein Ranking, was jetzt mehr vorliegt. Es gibt Einzeltherapeuten, die das Thema einfach total anspricht und die sich dann vertiefen wollen, die zahlen dann für sich direkt den Beitrag. Dann haben wir auch die Option, dass man für sich und seine Kollegen Zusatzplätze kaufen kann. Auch das nehmen einige in Anspruch und sagen: Okay, das ist jetzt für mich ein Thema, was vielleicht auch für mein Team relevant ist. Da kommen die Praxisinhaber auch ins Spiel, die dann sagen: Okay, das finde ich sehr spannend und würde das auch gerne meinem Team ermöglichen. Das heißt, dass diese auch insgesamt gemeinsam was kaufen. Es gibt natürlich auch die Therapeuten, die es in Rücksprache mit ihrem Chef machen und über ihren Chef diese Fortbildung buchen lassen, wenn diese natürlich auch den Mehrwert für sich und die Praxis sehen. Da gibt es beide bzw. alle Modelle: Es gibt die Käufer, die das alleine machen und es gibt die, die es in Rücksprache machen. Teilweise aber auch so, dass z.B. eine Physiotherapeutin, die gut vernetzt ist mit einer Ergotherapeutin zum Beispiel, die sich untereinander absprechen und sich dann den Link schicken und sagen: Hey, buch dich doch mit rein. Dann können wir darüber nochmal sprechen.  

Wir haben verschiedene Zirkel, die sich aus Therapeuten gebildet haben, die sich das untereinander empfehlen und gemeinsam diese Weiterbildungen belegen, um dann nochmal in Rücksprache zu diskutieren: Was können sie daraus mitnehmen? Was würden sie jetzt in ihrer Therapie zum Beispiel anders machen?  

Ich glaube, das ist wirklich eine super gemischte Gruppe. Wir beobachten jetzt immer mehr das Zusammen machen, was wir sehr spannend finden, weil wir dieses im Team wachsen auch sehr leben. Dieses Teamwachsen ist super sinnvoll, weil man immer jemanden hat, mit dem man sich austauschen kann. Das merkt man in Präsenzfortbildungen. Meistens hat man so eine kleine Gruppe, mit der man zusammen lernt und dann auch die Möglichkeit hat, sich auszutauschen und sich weiterzuentwickeln, weil man noch in eine ganz andere Richtung denkt, als wenn man das jetzt nur für sich macht. Das ist auch sehr sinnvoll, aber ich glaube auch, dass dieses im Team wachsende eine gute Entwicklung ist, die wir beobachten. Auch der Fachtherapeut, den wir haben, sagt: "Okay, ich würde gerne jetzt noch meine ergotherapeutische Kollegin dazu holen, damit ich mit ihr das jetzt 6-7 Monate zusammen machen kann, damit wir einfach im Austausch bleiben und wir auch das eigene Wissen weiterentwickeln können." Das empfinde ich als eine schöne Entwicklung. Ich denke auch, dass es viele einfach sehr voranbringt, wenn man da einen Lern-Buddy hatDas hat mir auch im Studium immer sehr geholfen, einfach eine Gruppe von Menschen zu haben. 

Relevante Weiterbildungs-Themen in der aktuellen Zeit

Joyce:  

Da ergibt sich sicher eine gewisse Dynamik. Es ist einfach schön zu sehen, dass auch während der momentanen Umstände, auch immer noch dieses Netzwerken bestehen bleibt und man sich gegenseitig unterstützt. Die Frage ist natürlich auch noch: Gibt es momentan irgendwelche Weiterbildungsthemen, wo du merkst: Hey, da liegt total der Fokus draufDie rücken immer mehr in den Vordergrund”? Jetzt auch natürlich für die Zukunft in Bezug auf die Corona-Situation. Gibt es da neue Herausforderungen für den Praxisalltag, bei denen man gut Weiterbildungen anbieten kann? 

Claudia: 

Aktuell sind das vor allem interdisziplinäre Themen, wo wir uns auch über die Therapie hinaus vernetzen. Ich habe vorhin über das Thema “Orale Restriktion gesprochen, da haben wir auch mit einer Zahnärztin zusammengearbeitet und wir merken immer mehr, dass diese interdisziplinäre Vernetzung, vor allem im ambulanten Bereich sehr schwierig sein kann aufgrund der Zeit, die man dafür nicht einberechnet hat. Das heißt, alles was man macht, ist aus Eigeninitiative heraus und ich glaube auch die Themen zu vernetzen und alle zusammenzubringen, die an einem Thema arbeiten, das wird auf dem Markt immer größer werden. Wenn ich mit Kindern arbeite, jetzt z.B. mit einem zu kurzen Zungenbanddann brauche ich wirklich alle Disziplinen, die daran arbeiten. Das ist dann die Logopädie, das könnte die Osteopathie sein, ist es die Zahnärztin, die damit reinkommt? Stillberatung? Geburtshilfe? Das heißt, dass man da einfach mal alle zusammenbringt und das ist auch die komplexe Versorgung, die immer mehr gefordert wird im Gesundheitswesen, dass wir halt auch wirklich diese komplexen Versorgungsbedarfe stemmen können.  

Wir werden immer älter, das heißt die Demographie verändert sich auch dementsprechend und auch die komplexen Störungsbilder nehmen immer zu, sodass wir da auch immer mehr multimorbide Patienten haben – Patienten und Patientinnen, die wir auch versorgen müssen. Und ich glaube, da braucht man einfach einen interdisziplinären Zirkel, auf den wir zurückgreifen können. Da müssen wir Themen aufbauen, dass ich z.B. weißjetzt in der Säugling- und Kleinkindtherapie: Welche Bereiche arbeiten denn in der Säugling- und Kleinkindtherapie mit? Da darf man die Heilpädagogen und die Heilpädagoginnen z.B. nicht vergessen. Aber genauso die Geburtshilfe und die Stillberatung nicht, die ja vorher auch noch dabei sind. Und da muss ich auch wissen, was der Ergotherapeut macht, was die Logopädin macht, was in der Physiotherapie gemacht wird.  

Ich glaube, das sind die Themen, die auf uns zukommen werden: Einmal die komplexeren Bedarfe, was die demographische Veränderung angeht. Aber auch, dass der Bedarf immer größer sein wird und wir immer mehr sensibilisiert werden für bestimmte Themen. Da einfach alle an einen Tisch zu bringen und Thematiken neu zu denken. Bestimmte Leitsymptomatiken neu zu denken, Störungsbilder neu zu denken und zu sagen: Wie können wir diese komplexen Bilder wirklich sinnvoll zusammenbringen, um da auch alle an einem Strang zu ziehen und wie können wir interdisziplinäres Arbeiten definieren? Da gibt es ja auch noch kein Goldstandard, aber wie können wir das für bestimmte Störungsbilder auch einfach aufbauen, um da auch fortbildungsmäßig die Leute drauf vorzubereiten und zu sagen: Okay, wenn du das und das beobachtest, wäre das vielleicht auch ein Fall für die Logopädie. Wie hast du die Möglichkeit, da Zugang zu kriegen?  

Das sind jetzt Sachen, bei denen wir immer mehr beobachten, dass da der Bedarf und die Fragen dazu da sind. Dass auch Pädagogen sich immer mehr einschalten in therapeutische Themen, weil sie auch Zugang zu Kindern haben. Aber auch genauso andersrum: Sich Therapeuten immer mehr für pädagogische Themen interessieren, weil sie ja auch genau den gleichen Zugang zu Säuglingen und Kleinkindern haben oder auch zu Erwachsenen. Dwird auch nochmal der Bereich Psychotherapie immer mehr an Bedeutung gewinnen, weil Psychosomatik auch ein Thema ist, was jetzt immer mehr zur Sprache kommt. Vor allem jetzt in der aktuellen Situation ja sowieso psychosomatische Beschwerden oft eine Rolle spielen 

Um es nochmal rund zu machen: Es wird immer komplexerwie wir diese komplexen Bilder einfach interdisziplinär gestalten können und wie wir diese Arbeit gemeinsam auch stemmen können, werden jetzt wahrscheinlich auch die Zukunftsthemen werden. Und dass es dann nicht mehr klar ist, jetzt die und die Bereiche von den und den Berufsgruppen abgebildet werden. Sondern wie kann man das besser verzahnen, sodass wir da tatsächlich gemeinsam dran arbeiten können. So sollten dann die Fortbildungen auch aufgebaut sein neben den auch sehr sinnvollen praktischen Fortbildungen zu bestimmten Themenbereichen und Therapiekonzepten – die brauchen wir dennoch, die will ich gar nicht ausklammern. Aber ich glaube, die Zukunft geht in die Richtung. 

Wieso sollte ich als Heilmittelerbringer Weiterbildungen belegen?

Joyce:  

Auf jeden Fall sehr spannender Input! Vor allem auch für mich, weil wir versuchen uns natürlich immer weiter in die Themen reinzufinden, was genau Heilmittelerbringer interessiert und beschäftigt und versuchen daraus natürlich auch das bestmögliche Content-Angebot zu gestalten. Also erstmal danke dafür!  

Abschließend würde ich dir gerne noch eine Frage stellen: Es ist uns ja mittlerweile wahrscheinlich allen klar, dass Weiterbildungen ja nur positives bieten können und man nur davon profitieren kann. Sei es, um sich mehr Wissen anzueignen oder natürlich auch bessere Chancen auf dem Arbeitsmarkt zu haben. Siehst du vielleicht persönlich noch weitere Gründe, weshalb man als Praxisinhaber oder eben als Heilmittelerbringer das Angebot von Weiterbildungen nutzen sollte? 

Claudia:  

Insgesamt ist es immer wichtig, auf dem aktuellen Stand zu bleiben. Es gibt immer mehr Studienergebnisse, immer mehr Forschungsergebnisse. Es wird auch immer neue Therapiekonzepte geben, wo man für sich entscheiden muss, mit welchen man individuell arbeiten kann. Je mehr ich natürlich Einblick auch in Weiterbildungsangebote habe, desto größer wird mein Blumenstrauß an Therapiemethoden, dass ich noch individueller auf Patienten und Patientinnen eingehen kann. Auf der anderen Seite, werden unsere Behandlungsbedarfe immer komplexer. Das heißt, dass wir auch da einfach immer mehr Input benötigen, um da auch wirklich alles abbilden zu können. Die Behandlungsspielräume, die wir haben, werden immer größer und da werden auch immer mehr Bereiche mit hinzukommen. Ich glaube, dass sich da in den nächsten Jahren noch einiges verändern wird – auch in den Ausbildungsbereichen, in den Studiengängen – da wird einiges wahrscheinlich nochmal reformiert werden insgesamt. Damit wir da auch bei den komplexen Störungsbildern insgesamt ankommen. 

Aber um da up to date zu bleiben, was es an neuen Möglichkeiten gibt, was es vielleicht auch an evidenteren Möglichkeiten gibt, dass man auch andere Behandlungsmöglichkeiten, die Evidenz nicht aufweisen oder empirisch nicht belegt sind, z.B. aus den Lehrplänen streicht. Aber auch sich weiterzubilden und weiterzukommen. Das ist ja auch immer die Frage, wie man das jetzt aufnimmt. Aber insgesamt find ichs gut, immer auch sich selbst herauszufordern, neue Dinge zu lernen, offen dafür zu sein, auch was andere Disziplinen machen. Ich glaub, das ist auch sinnvoll einfach mal da über den Tellerrand hinauszuschauenUnd das wichtigste an Weiterbildungen ist tatsächlich auch, sich zu vernetzen. In Weiterbildungen hat man immer auch die Möglichkeit sich mit anderen Menschen zu vernetzen, in den Austausch zu gehen und daraus auch für sich noch Dinge abzuleiten, die für die eigene praktische Arbeit einfach unerlässlich sind. Wenn ich die Möglichkeit habe, mich in der Praxis mit anderen Berufsgruppen auseinanderzusetzen, dann über Fortbildungen und dann kann man auch in zwei, drei Sätzen in einem Workshop zum Beispiel super viel für seine eigene Arbeit mitnehmen und das ist glaube ich auch was, was so einen Riesen-Mehrwert bietet insgesamt. 

Joyce:  

Vielen lieben Dank für deine ganzen Infos und für die Beantwortung meiner Fragen! Da war sehr viel Informatives dabei. Wir hoffen natürlich, euch hat das Interview gefallen. Falls ihr eure Meinungen dazu teilen wollt oder euch mit uns austauschen wollt, immer sehr gerne. Und natürlich sind wir auch jederzeit für weitere Themenwünsche für die nächsten Interviews offen. Schreibt uns gerne! Ansonsten findet ihr hier nochmal alle Infos zu THERAPIEexperte. 

Vielen lieben Dank Claudia und bis zum nächsten Mal!

Fortbildungen für Physiotherapeuten

Ein Praxisratgeber in drei Schritten

Schon unseren Newsletter abonniert?


Klicke dazu einfach auf den Button


Das könnte dich auch interessieren:

Leave a Reply

Your email address will not be published. Required fields are marked

{"email":"Email address invalid","url":"Website address invalid","required":"Required field missing"}