5. Mai 2021

Frag den Profi – Interview mit Natali Kewitz zur neuen Heilmittelrichtlinie

Ab heute starten wir mit unserer brandneuen Interviewreihe:

#FragdenProfi !

In der ersten Episode sprechen Joyce Regnier und Natali Kewitz - Kundenberaterin im Heilmittelbereich - über die neue Heilmittelrichtlinie.

Was umfasst diese überhaupt? Welche Vorteile ergeben sich für die Heilmittelerbringer? Und welche Herausforderungen kommen auf die Heilmittelbranche zu?

Schau dir hier das ganze Interview an!

Dein Leitfaden zur neuen Heilmittelverordnung

In unserer Info-Broschüre erfährst du, welche Änderungen für dich wichtig sind und wie du in 10 Sekunden prüfen kannst, ob deine Verordnungen vom Arzt korrekt ausgestellt wurden.

Zusammenfassung: Neuerungen der Heilmittelrichtlinie 

Joyce:  

Hallo Zusammen, ich bin Joyce von Praxis-Profi und bin zuständig für den Social Media Bereich. Wir haben anhand eurer Kommentare festgestellt, dass es immer noch viele Unklarheiten und Fragen zum Thema “Neue Heilmittelverordnung gibt, die am 1.1. dieses Jahres in Kraft getreten ist und deswegen wollten wir das Thema hier nochmal aufgreifen. Wir haben dazu eine kostenfreie Info Broschüre für euch zusammengestelltAber wir dachten uns, wir werden nochmal ein Interview mit einer Expertin dazu führen, um die wichtigsten Fragen zu klären. Dazu habe ich mir Natali Kewitz hinzugezogen, stell dich doch einfach gern kurz vor. 

Natali:  

Mein Name ist Natali Kewitz, ich bin Kundenberaterin im Heilmittelbereich bei der opta data. Neben meinen Tätigkeiten als Kundenberaterin, kläre ich nicht nur Fragen rund um die Abrechnung der Heilmittelerbringer, sondern bin auch für den Support bei thevea verantwortlich. Thevea bietet einen kostenfreien elektronischen Verordnungscheck an, mit dem man in wenigen Sekunden eine Verordnung auf die Richtigkeit prüfen kann. In dem Bereich kläre ich viele Fragen rund um die neue Heilmittelrichtlinie. Meine beruflichen Wurzeln habe ich im Heilmittelbereich, ich bin selber gelernte Ergotherapeutin und habe im Anschluss an meine Ausbildung noch ein Bachelor-Studium im Bereich Gesundheits- und Sozialmanagement absolviert. 

Joyce:  

Dann bist du ja auf jeden Fall komplett im Thema! Dann würde ich dich zu Beginn bitten, für uns die Neuerungen der Heilmittelrichtlinie noch einmal zusammenzufassen.  

Natali:  

Ja, sehr gerne! Also die sichtbarste Neuerung ist auf jeden Fall die Zusammenführung der verschiedenen Heilmittelformulare der vier Bereiche in ein einheitliches Formular – das neue Verordnungsformular Muster 13. Hier gibt es dann auch weitere Änderungen, wie zum Beispiel, dass der Behandlungsbeginn von 14 Tagen auf 28 Tage verlängert wurde. Das heißt, der Therapeut und auch der Patient hat einen längeren Zeitraum zur Verfügung, die Behandlung zu beginnen. Zudem ist der Wegfall der Regelfallsystematik auch ein ganz wichtiger Punkt, der zu nennen ist. Das heißt, es gibt in Zukunft bzw. seit dem 1.1. keine Erstverordnungen oder Folgeverordnungen mehr und auch keine Verordnung mehr außerhalb des Regelfalls, sondern es gibt nur noch ein Verordnungsfall.  

Des Weiteren sind halt noch viele Neuerungen dazugekommen und Diagnosegruppen sind zusammengeführt worden. Vorher gab es 22 verschiedene Diagnosegruppen, jetzt gibt es nur noch 13. Und es gibt jetzt auch noch viel mehr Handlungsspielraum für den Therapeuten, das heißt: Nicht jede Änderung erfordert auch einen Arztstempel, sodass man sich dann auch mal den Gang zum Arzt sparen kann. 

Worauf muss ich als Heilmittelerbringer achten?

Joyce:  

Das hört sich auf jeden Fall super interessant an! Was ich dann auch feststellen konnte, dass Krankenkassen die Kosten einer Behandlung ja nur dann erstatten, wenn die Verordnung bzw. die Formulare auch korrekt ausgefüllt und eingereicht werden. Worauf müsste ich – als Heilmittelerbringer – denn besonders achtgeben?  

Natali:  

Das ist ein ganz wertvoller Punkt. Und zwar hat jeder Therapeut eine Prüfpflicht. Das heißt, wenn eine neue Verordnung in der Praxis eingeht, muss der Therapeut vor Beginn der Behandlung die Verordnung immer auf Richtigkeit prüfen. Hier ist vor allem wichtig, dass geguckt wird, dass die Diagnosegruppe auch zum jeweiligen Heilmittel passt und dass die Behandlungsmenge auch entsprechend ist. Zudem ist auch immer das Ausstellungsdatum einer Verordnung wichtig, da davon aus dann der späteste Behandlungsbeginn ausgeht. Das heißt: Man hat ab dem Datum dann 28 Tage Zeit, die Verordnung einzulösen. Da aufgrund der neuen Heilmittelrichtlinie noch viel Unsicherheit bei den Therapeuten, Patienten aber auch Ärzten besteht, gibt eein ganz hilfreiches Prüftool – den kostenfreien eVO-Check, mit dem man bei Unsicherheiten eine Verordnung auch immer auf Richtigkeit prüfen kann. Hier muss man einfach nur die erforderlichen Daten eingeben und dann prüft die App oder die Website ganz schnell, ob die Verordnung richtig ausgestellt worden ist. Sollte es da mal Fehler geben, dann gibt die App auch einen Hinweis darauf, was korrigiert werden muss und wie die Korrektur erfolgen soll. Vor allem in dem Bereich des langfristigen Heilmittelbedarfs und des besonderen Verordnungsbedarfs passieren doch immer noch mal Fehler, sodass da auch die Prüfung des ICD-10-Codes ganz wichtig ist. Das kann man auch mit der App ganz einfach vornehmen und hat dann so einfach eine Sicherheit, dass man Absetzungen vorbeugen kann. 

Begriffserklärungen: Verordnungsfall, Ausstellungsdatum + orientierte Behandlungsmenge 

Joyce:  

Das hört sich auf jeden Fall sehr hilfreich an! In unserer Info Broschüre findet ihr einen Link dazu – da könnt ihr quasi nur doppelt von profitieren. Ansonsten hast du zwar die Begriffe gerade nochmal genannt in deinen Ausführungen, aber ich würde dich trotzdem nochmal bitten: Kannst du uns die Begriffe Verordnungsfall, Ausstellungsdatum und orientierte Behandlungsmenge nochmal kurz erklären? 

Natali:  

Ja, sehr gerne. Der Verordnungsfall löst die bisherige Regelfallsystematik ab. Der Verordnungsfall bezieht sich immer auf eine Erkrankung und den verordnenden Arzt. Vorher gab es immer nur den Bezug auf die Erkrankung an sich. Das Ausstellungsdatum gibt an, wann die Verordnung vom Arzt ausgestellt wurde, das Datum ist dafür wichtig, dass der Therapeut und der Patient gucken können: Bis wann muss die Behandlung beginnen? Jetzt hat man 28 Tage Zeit, vorher waren es 14 Tage. Der Arzt hat aber auch immer die Möglichkeit anzugeben, dass ein dringlicher Behandlungsbedarf besteht. Das heißt, wenn das Kreuz auf der Verordnung gesetzt ist, dann muss die Behandlung trotzdem in 14 Tagen begonnen werden. Die orientierende Behandlungsmenge gibt an, wie viele Behandlungen pro Verordnungsfall vorgesehen sind. Die kann aber auch relativ einfach überschritten werden, das heißt: Sollte nach Abschluss der Behandlung oder der angegebenen Behandlungsmenge laut Heilmittelkatalog weiterhin ein Behandlungsbedarf bestehen, kann der Arzt ganz einfach durch entsprechende Dokumentation in der Patientenakte über die orientierende Behandlungsmenge hinaus weitere Verordnungen ausstellen.  

Welche Vorteile bringt die neue Heilmittelrichtlinie? 

Joyce:  

Alles klar. Jetzt bist du ja quasi auch selbst aus dem Background, dass du ja selbst gelernte Ergotherapeutin bist. Welche Vorteile siehst du denn in den neuen Regelungen? 

Natali:  

Ich denke, dass die Zusammenführung der verschiedenen Formulare auf ein Formular viele oder einen großen Vorteil bei den Ärzten bringt, da diese wirklich nur noch ein Formular ausfüllen müssen und nicht mehr vier verschiedene auf vier verschiedene Art und Weisen. Für die Therapeuten sehe ich da ganz klar einen Vorteil, dass mehr Handlungsspielraum eingeräumt wird – sei es der längere Behandlungsbeginn, das heißt man kann die Therapien besser planen und besser auf den Patienten abstimmen. Da bekommt man nun auch die Möglichkeit nicht nur ein Heilmittel verordnen zu können, sondern der Arzt hat in den Bereichen z.B. der Ergotherapie und Physiotherapie die Möglichkeit bis zu drei vorrangige Heilmittel zu verordnen. Das heißt, die Therapie kann generell einfach effektiver gestaltet werden. Zudem haben Therapeuten auch bessere Möglichkeiten, Rezepte zu ändern. Wie vorab schon gesagt: Nicht jede Änderung erfordert noch eine Arztunterschrift, so kann z.B. eine Leitsymptomatik nach Rücksprache mit dem Arzt durch den Therapeuten selber auf dem Rezept ergänzt werden. Durch den Wegfall der Regelfallsystematik fallen auch die damit verbundenen Genehmigungen weg, das heißt ein Stück Bürokratie wird damit abgeschafft und der Therapeut hat mehr Zeit für seine eigentliche Arbeit und kann sich besser auf die Therapie fokussieren. 

Welche Herausforderungen kommen auf die Heilmittelbranche zu? 

Joyce:  

Ja, das hört sich ja erstmal total super an. Allerdings konnten wir natürlich auch anhand vieler Rückmeldungen und auch Fragen innerhalb der Community beobachten, dass eben die Neuerungen nicht nur Vorteile mit sich bringen, sondern eben auch Nachteile oder Probleme. Offene Fragen, für viele Heilmittelerbringer aber auch Ärzte und Patienten, eindeutig herausgefiltert werden konnten. Was kannst du dazu sagen? 

Natali:  

Ja, also aus eigener Erfahrung kann ich sagen, dass natürlich die neue Heilmittelrichtlinie alle Beteiligten vor große Herausforderungen gestellt hat. Vor allem, dass zu Beginn die bundeseinheitlichen Rahmenverträge der einzelnen Berufsgruppen noch nicht vollständig da waren, hat natürlich viele Fragen offengelassen. Eine der meistgestellten offenen Fragen war die Frage nach: Wer muss auf dem Feld der Leistungserbringer unterschreiben? Die Rahmenverträge der Podologie und Logopädie sind jetzt veröffentlicht, die geben dafür jetzt einen Hinweis. Bei der Ergotherapie und Physiotherapie bleibt das weiterhin offen, wie das jetzt ausgelegt wird. 

Top Tipps zum Umgang mit der neuen Heilmittelrichtlinie

Joyce:  

Dann würde ich dich auch mal fragen: Welche Top 3 Tipps würdest du mir geben, wenn ich jetzt ein Praxisinhaber in der Heilmittelbranche wäre, damit ich den vollen Durchblick bei der Heilmittelverordnung behalten kann? 

Natali:  

Ich als Ergotherapeutin kann meinen Kolleg:innen aus dem Heilmittelbereich natürlich nur empfehlen, einen Blick in die neue Richtlinie und den Heilmittelkatalog zu werfen. Ich kann verstehen, dass Richtlinien und der Heilmittelkatalog beim ersten Durchlesen vielleicht nicht direkt verständlich sind, aber es gibt ganz viele hilfreiche Websites, die mittlerweile viele Informationen rund um die neue Heilmittelrichtlinie anbieten, wo die wichtigsten Fragen bereits schon zusammengefasst sind und dann auch die jeweiligen Antworten gegeben sind. Veränderungen bringen immer eine gewisse Unsicherheit mit sich, hier sollte man einfach offen an die neue Herausforderung rangehen und sich vor allem untereinander gut austauschen. Viele Berufsverbände stellen auch Fragen und Antworten zur Verfügung, die oft hilfreiche Hinweise liefern. Sollte man dennoch unsicher sein und sich nicht sicher sein, ob eine neue Verordnung korrekt ausgestellt wurde, kann man natürlich immer noch mit dem kostenfreien eVO-Check von thevea die Verordnung auf Richtigkeit prüfen. Und sonst lieber nochmal ein Gespräch mehr mit dem Arzt suchen, falls Unsicherheiten bestehen sollten, dass man da einfach nochmal Rücksprache halten kann.  

Zukunftsausblick

Joyce:  

Das war ja eine super Übersicht von Tipps, was ich machen könnte, wenn ich jetzt Praxisinhaber wäre. Hier findet ihr die Info Broschüre zur neuen Heilmittelrichtlinie und dann könnt ihr nochmal alles nachlesen. Da findet ihr bestimmt auch noch weitere Antworten, wenn ihr noch offene Fragen zu dem Thema habt. Ansonsten meine abschließende Frage an dich: Was kommt in der Zukunft noch auf uns zu?  

Natali:  

Aktuell liegt der Fokus definitiv noch auf der neuen Heilmittelrichtlinie und den ausstehenden Rahmenverträgen in dem Bereich der Physiotherapie und Ergotherapie. Hier wird es sicherlich nochmal spannend werden, welche Rahmenbedingungen es dazu einfach geben wird. Die Einführung der Blankoverordnung wird sicherlich auch nochmal spannend werden, die dem Therapeuten im Heilmittelbereich nochmal ein bisschen mehr Spielraum in der Therapie bieten werden und wenn man weiter in die Zukunft schaut und sich dieses Jahr anguckt im Heilmittel- oder im Gesundheitsbereich, dann denke ichdass ein ganz wichtiger Punkt noch die Digitalisierung sein wird und die Telematik-Infrastruktur eine wichtige Rolle spielen werden. Da bleibt es einfach spannend abzuwarten, was uns da alles noch erwarten wird.  

Joyce:  

Da werden wir definitiv auch noch einige Themen von aufgreifen und dann erstmal vielen lieben Dank für die Antworten, Natali. 

Natali:  

Sehr gerne! 

Joyce: 

Wir hoffen natürlich, dass das Interview für mehr Klarheit bei euch gesorgt hat und ihr jetzt den nötigen Durchblick in der neuen Heilmittelrichtlinie habt und in unserer Info Broschüre findet ihr auch den integrierten Link zum eVO-Check, damit ihr direkt eure Verordnungen prüfen könnt.

Die Frage ist natürlich auch: Was interessiert euch sonst noch? Welche Themen sollen wir das nächste Mal in Interviews aufgreifen? Was beschäftigt dich als Heilmittelerbringer oder als Praxisinhaber? Wir sind immer bereit für neue Themen und freuen uns auf euren Input. Schreibt uns gern und dann bis zum nächsten Mal, tschüss! 

 

Dein Leitfaden zur neuen Heilmittelverordnung

In unserer Info-Broschüre erfährst du, welche Änderungen für dich wichtig sind und wie du in 10 Sekunden prüfen kannst, ob deine Verordnungen vom Arzt korrekt ausgestellt wurden.

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  1. Leider bekomme ich diese 12 Minuten Lebenszeit nicht zurück. Die wichtigen Fragen werden angesprochen, aber nicht beantwortet.
    Bsp.: „Wer muss auf dem Feld der Leistungserbringer unterschreiben? Die Rahmenverträge der Podologie und Logopädie sind jetzt veröffentlicht, die geben dafür jetzt einen Hinweis. Bei der Ergotherapie und Physiotherapie bleibt das weiterhin offen, wie das jetzt ausgelegt wird.“
    Wer muss denn nun unterschreiben? Welchen Hinweis geben die Rahmenverträge Podo und Logo?

    1. Hallo René, erstmal vielen Dank für dein Feedback! Schade, dass unser Interview dir nicht deine noch offenen Fragen beantworten konnte. Dieses Interview wurde bereits vor einigen Wochen aufgenommen und dementsprechend ist der Informationsstand nicht derselbige wie heute. Allerdings ist es weiterhin der Fall, dass die Rahmenverträge für Physios + Ergos noch fehlen, dementsprechend können die Felder aktuell noch frei bleiben. Logopäden und Podologen müssen kürzeln. Es gilt also laut Rahmenvertrag die Unterschrift des abgegebenen Leistungserbringers nach Erbringung der Leistung. Sobald wir neue Informationen zu diesem und weiteren relevanten Themen in der Heilmittelbranche haben, werden diese auf unserer Website in Form eines Blogartikels oder unseres Newstickers veröffentlicht. Wir würden uns freuen, wenn du wieder vorbeischaust. Liebe Grüße, Joyce von Praxis-Profi 🙂

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