Eine erfolgreiche Praxis ist für viele Heilmittelerbringer:innen der absolute Traum. Ein Ort, den man ganz nach den eigenen Vorstellungen gestalten kann, ein Team, das hinter einem steht und mit dem man gemeinsam wachsen kann und Patient:innen, die gerne wiederkommen.
Wenn auch du schon mal mit diesem Gedanken gespielt hast oder gerade sogar konkret die ersten Schritte in Richtung eigene Praxis machst, dann ist dieser Artikel genau das Richtige für dich, denn Praxis-Profi zeigt dir, was du beachten solltest.
Praxisgründung: Das spricht dafür
Es gibt viele gute Gründe, die für eine eigene Praxis sprechen. Drei ganz zentrale möchten wir dir hier einmal vorstellen.
1. Wachsender Bedarf
Die Rahmenbedingungen könnten nicht besser sein für eine Praxisgründung im Heilmittelbereich, denn mit Blick in die Zukunft scheint sich kontinuierlich ein wachsender Bedarf abzuzeichnen. Bestimmte Services – zum Beispiel im Bereich der Physio- und Ergotherapie – gewinnen mit einer alternden Gesellschaft und dem demografischen Wandel zunehmend an Bedeutung. Leistungskataloge der Krankenkassen nehmen immer mehr Behandlungsarten mit in ihr Portfolio auf und auch die individuelle Bereitschaft, für private Behandlungen zu zahlen, nimmt stetig zu.
2. Hohe Flexibilität
In deiner eigenen Praxis bist du dein:e eigene:r Chef:in, das heißt du kannst viele Dinge wesentlich flexibler und freier entscheiden und gestalten, als in einem Angestelltenverhältnis. Das fängt damit an, dass du entscheiden kannst, wie dein Angebot (aus Kassen- und Privatleistungen) aussehen soll, wie digital deine Praxis aufgestellt ist (von der eigenen Website über eine Online-Terminvereinbarung bis hin zur Online-Behandlung) und wie du die besten neuen Mitarbeiter:innen an dich bindest. Alle wichtigen strategischen Entscheidungen liegen mit einer eigenen Praxis in deiner Hand.
3. Individuelle Entwicklung
Eine eigene Praxis bedeutet, individuelle Schwerpunkte setzen zu können. Das gilt auch für die eigene Weiterentwicklung – und natürlich die der eigenen Mitarbeiter:innen. Mit spezifischen Fort- und Weiterbildungen kannst du nicht nur dein Wissen erweitern, sondern dich auch gezielt in Nischen positionieren und tolle Mehrwerte für deine Patient:innen schaffen.
Neben diesen, und vielen weiteren, Vorteilen, gibt es natürlich auch naheliegende Bedenken, wenn es um eine Praxisgründung geht. Hört man das Wort “Existenzgründung” denken viele direkt an Berge von Papieren und Antragsformularen, Vorschriften und die bekannte deutsche Bürokratie. Selbstverständlich gibt es Regularien und Vorschriften, die eingehalten werden müssen, daher haben wir hier ein kleines Praxis 1x1 sowie fünf Tipps für die Selbstständigkeit für dich zusammengetragen.

Deine individuelle Entwicklung kannst du mit einer eigenen Praxis gezielt erweitern.
Das Praxis 1x1
Damit der Start in die eigene Selbstständigkeit gelingt, gibt es drei Dinge, die dir helfen gut in deine neue Funktion als Praxisleitung zu finden: Eine gute Ausbildung, Berufserfahrung und Eigenverantwortung.
Gute und fundierte Ausbildung
Eine gute Ausbildung und Expertise ist immer hilfreich – ganz egal, ob du angestellt bist oder eine eigene Praxis hast. Bei Letzterem geht es jedoch vor allem auch darum qualifiziert zu wirken, um potenzielle Patient:innen und Angestellte anzusprechen. Damit du aus der Masse hervorstichst bieten sich hier daher fachspezifische Fort- und Weiterbildungen und Zusatzqualifikationen an. Außerdem hilft es, auch außerhalb des eigenen Fachbereichs Wissen anzusammeln. Vor allem wirtschaftliche Kenntnisse – Management, Rechnungswesen, Personal, Führung, Recht etc. - sind von großem Vorteil.
Berufserfahrung
Neben einer guten Ausbildung ist auch einschlägige Berufserfahrung sehr wertvoll, um in die Selbstständigkeit zu starten. Wenn du schon viele unterschiedliche Praxisabläufe gesehen hast, mit ganz unterschiedlichen Kolleg:innen in gemischten Teams zusammengearbeitet hast und auch schon einige verschiedene Führungsstile und Persönlichkeiten kennenlernen konntest, dann kannst du aus all diesen Erfahrungen wertvolle Dinge für deine eigene, erfolgreiche Praxis mitnehmen. Mit Blick auf deine bisherige Berufserfahrung kannst du überlegen, welche Dinge dir gut gefallen haben, was du optimieren würdest und wie es auf keinen Fall laufen soll.
Eigenverantwortung
Die wohl wichtigste Charaktereigenschaft für eine erfolgreiche Praxisgründung ist Eigenverantwortung. Du solltest Dinge anpacken wollen, Lust auf neue Projekte und Herausforderungen haben und Neugierde mitbringen, dich in unterschiedliche Themen einzuarbeiten. Nur wer sich selbst managen kann, der kann auch erfolgreich eine Praxis managen, ein Team führen und ein tolles und qualitativ hochwertiges Patient:innenerlebnis schaffen.
5 Tipps für die Selbstständigkeit
Damit dein Plan der Selbstständigkeit von Anfang an Erfolg hat und du deine Praxis gut führen kannst, haben wir hier fünf Tipps und Empfehlungen aufbereitet.
Tipp 1: Standort suchen
Stadt oder Land? Was für viele bei der Wohnungssuche eine entscheidende Frage ist, ist selbstverständlich auch bei der Wahl der richtigen Location für eine eigene Praxis wichtig. Häufig gibt es gewisse Rahmenbedingungen, die das eine oder das andere vorgeben: Du kannst eine bereits bestehende Praxis übernehmen? Ein tolles Grundstück oder eine interessante Immobilie wird frei? Du bist durch Familie o.ä. bereits an einen Ort gebunden für die Gründung? Natürlich sind all diese persönlichen Hintergründe zu berücksichtigen. Solltest du dennoch die ganz freie Wahl haben, gibt es ebenso gute Gründe für die Stadt, wie es gute Gründe für das Dorf gibt.
In der Stadt
Auf dem Dorf
Natürlich müssen diese Punkte nicht auf jede Stadt und nicht auf jedes Dorf zutreffen, sie können aber als Anhaltspunkte dienen, wenn dir eine Entscheidung für einen Standort bevorsteht.
Tipp 2: Alleinstellungsmerkmal finden
Wie bei jedem erfolgreichen Unternehmen ist es auch bei deiner neuen Praxis wichtig, dass du ein Alleinstellungsmerkmal findest. Das heißt konkret, dass für (potenzielle) Patient:innen und auch Bewerber:innen bzw. Mitarbeiter:innen klar sein muss, was deine Praxis bietet, was die Konkurrenz nicht hat. Es geht darum, aus der Masse hervorzustechen und mit etwas Einzigartigem verbunden zu werden: Das kann eine besonders hochwertige Ausstattung sein, ein exzellenter Kund:innenservice oder ein reichhaltiges Angebot an Zusatzleistungen. Auch die Positionierung in einer Nische – zum Beispiel als Praxis für Leistungsportler:innen oder als interkulturelle Praxis mit mehrsprachigen Mitarbeiter:innen – kann ein erfolgreiches Alleinstellungsmerkmal sein. Hierfür hilft es in einem ersten Schritt die bestehenden Mitbewerber:innen und ihre Stärken und Schwächen zu analysieren, dann zu überlegen, in welchem Bereich man selbst zur absoluten Spitze gehören will und dann diese eigene Stärke auch sichtbar zu machen.
Tipp 3: Expert:innen nutzen
Rechtsformen, Versicherungen, Finanzpläne, Recruitingstrategien...
Wenn du eine eigene Praxis gründest, gibt es viele Themen mit denen du dich auseinandersetzen musst, die erstmal gar nichts mit deinem eigentlichen Arbeitsalltag als Therapeut:in zu tun haben. Hier ist es zwar wichtig, dass du die Grundlagen verstehst, um so beispielsweise Risiken sicher einschätzen zu können oder strategische Entscheidungen treffen zu können, du musst aber bei weitem nicht in jedem Bereich Expert:in sein! Wichtig ist, dass du dir hier die passenden Fachleute (z.B. Finanzplaner:innen, Steuerberater:innen, Rechtsanwält:innen) ins Boot holst und/oder hier und da deine Wissenslücken mit gezielten Fort- und Weiterbildungen füllst.
Tipp 4: Struktur aufbauen
Als Inhaber:in bist du für alles verantwortlich: Kostenkalkulation, Gehaltsabrechnungen, Zeitplanung, Projektplanung, Urlaube, Fort- und Weiterbildungen, Recruiting und vieles mehr. Ein strukturierter Tag ist hier das A und O, damit du bei all den Verantwortlichkeiten und To-Dos nicht den Überblick verlierst.
Tipp 5: Aufmerksamkeit schaffen
In unserem letzten Tipp möchten wir dich noch einmal dafür sensibilisieren, dass die allertollste Praxis mit den besten Behandlungen, dem kompetentesten Team und den tollsten Räumlichkeiten nichts bringt, wenn niemand von ihr weiß. Das heißt du solltest den Punkt “Werbung” auf jeden Fall frühzeitig mit auf deine Agenda setzen, um auf dich aufmerksam zu machen und bekannt zu werden. Unter diesen Punkt fallen beispielsweise eine eigene Website, ein Google-My-Business-Eintrag, ein guter Auftritt auf Social-Media-Kanälen und das Schalten von Werbung. Wenn du so neue Patienten gewinnst und sie dann mit einem tollen Angebot überzeugst und begeisterst, dann teilen sie diese Erfahrung mit anderen – und persönliche Empfehlungen und die sogenannte “Mund-zu-Mund-Propaganda" sind das beste Werbemittel, das du als Inhaber:in bekommen kannst. Heutzutage findet dieses Weiterempfehlen vor allem im Netz statt. Aufmerksamkeit schaffst du also auch durch viele gute Bewertungen auf Bewertungsportalen.
Unser Fazit: Eine eigene Praxis aufzubauen, auszubauen und zu leiten ist nicht leicht. Mit den richtigen Voraussetzungen und unseren Tipps bist du jedoch bestens darauf vorbereitet, dich dieser Herausforderung zu stellen und sie erfolgreich zu meistern.